ESG direkt an der Immobilie

Wenn man von nachhaltigen Immobilien spricht, geschieht das häufig im Kontext von aufwendigen Neubau- oder Sanierungsprojekten. Hausverwalter und Makler werden hier häufig übersehen. Doch kann nicht genau in diesen Bereichen, die direkt an den jeweiligen Objekten arbeiten, viel bewirkt werden? Aus diesem Grund habe ich mich mit Benjamin Dau, Geschäftsführer des Familienunternehmens Mayer & Dau Immobilien, unterhalten. Als Makler und Hausverwalter kann er uns einen authentischen Einblick geben, wie sein Bereich einen Beitrag für mehr Nachhaltigkeit in der Immobilienbranche leisten kann.

Viel Spaß beim Lesen !

Fabian Grabowski, Asset Manager

Fabian Grabowski,
Immobilienmanager bei der
PSD Berlin Immobilien KVG GmbH

Benjamin Dau

Benjamin Dau,
Geschäftsführer,
Mayer und Dau Immobilien

Herr Dau, spricht man über das Thema Nachhaltigkeit, denkt man ja nicht automatisch an Hausverwaltungen oder Makler. Welche Rolle spielen Sie dabei, die Immobilienbranche nachhaltiger zu machen?

„Sowohl für Makler, als auch für Hausverwaltungen spielt Nachhaltigkeit mittlerweile durchaus eine große Rolle. Wie in eigentlich jeder Branche ist das Thema in den letzten Jahren immer relevanter geworden. In unserem Fall haben wir es in erster Linie mit Privatkunden zu tun. Diese fragen vermehrt und gezielt nach mehr Nachhaltigkeit.

Hausverwalter und Makler arbeiten an einer wichtigen Schnittstelle zwischen Eigentümern und Dienstleistern. Hier können wir viel bewirken, indem wir Ideen anstoßen, Menschen zusammenbringen und auch einige Dinge selbst tun.“

Welche Dinge sind das ganz konkret?

„Viele Maßnahmen bewegen sich noch im kleinen Bereich. Wir achten zum Beispiel sehr darauf, dass Schriftverkehr, Protokolle von WEG-Versammlungen und Ähnliches papierlos sind. Dasselbe bei Hausbesichtigungen. Interessent*innen sollen ihre Anträge per E-Mail versenden und nicht ausgedruckt mitbringen. Ansonsten kommt da eine ganze Menge Papier zusammen. Ebenso bemühen wir uns, Besprechungsformate digital durchzuführen. Zudem unterbreiten wir immer wieder Vorschläge, was man sonst tun kann. Sei es eine Umstellung auf Ökostrom, ganz banal Energiesparlampen oder auch nachhaltige Malerfarbe.

Einen größeren Hebel haben Modelle wie Car-Sharing auf den Parkplätzen der jeweiligen Objekte. Wir sitzen da aber durchaus auch zwischen den Stühlen, da die WEG-Mitglieder, also die Eigentümer, häufig nicht selbst in den jeweiligen Objekten wohnen und die eigentlichen Mieter das anders sehen können. Wir erleben dennoch von beiden Seiten eine große Aufgeschlossenheit. Car-Sharing konnten wir schon erfolgreich bei mehreren Kunden einführen.“

Welche Hindernisse begegnen Ihnen dabei? Wo sehen Sie Schwierigkeiten in der Umsetzung?

„Das große Hindernis ist, dass Nachhaltigkeit Geld kostet. In kleineren Maßnahmen, besonders bei der Digitalisierung, rennen wir durch offene Türen. Die Kosten hier sind gering und langfristig wird sogar Geld eingespart.

Dennoch arbeiten wir als Hausverwaltung mit dem Geld anderer Leute. Das heißt, was wir gut finden, muss nicht zwangsläufig den Vorstellungen der Eigentümer entsprechen. Besonders größere Investitionen werden dort lange und heftig diskutiert.

Bei älteren Kunden, Mietern und auch Dienstleistern gibt es zum Teil noch Hemmungen bei Papierlosigkeit und Digitalisierung.

Im Maklerbereich ist das Hauptproblem, dass aufwendige Sanierungen und Nachhaltigkeitsmaßnahmen zwar den Wert der Immobilie erhöhen, die nötigen Verkaufspreise allerdings noch nicht erzielt werden können. Dort stimmt dann schlicht und einfach die Rendite noch nicht.“

Gibt es Dinge, die Sie unabhängig vom Eigentümer tun können, um nachhaltiger zu werden?

„Ganz klar, Wissen ansammeln. Wir können nur Vorschläge machen und Impulse setzen, wenn wir wissen, was es momentan an nachhaltigen Alternativen und Lösungen gibt. Mit einer großen Expertise können wir auch besser in Richtung Eigentümer argumentieren. Ebenso müssen wir die Dienstleister und Handwerker kennen, die nachhaltige Lösungen überhaupt anbieten.“

Viele Immobilienbesitzer müssen sich gerade mit Nachhaltigkeitszertifikaten befassen. Wie stehen Sie zu dem Thema? 

„Zertifizierungen können Sinn machen. Vor allem wenn man es mit institutionellen Investoren zu tun hat. In unserem Fall, also im Privatkundenbereich, ist dies etwas anders. Beispielsweise wird ein Einfamilienhaus aus dem Jahre 1960 immer ein Altbau bleiben. Mit allen Vor- und Nachteilen. Hier sollte man mit Vernunft versuchen, die Nachhaltigkeit zu steigern, anstatt unverhältnismäßige und ineffiziente Sanierungen vorzunehmen, nur um ein Zertifikat zu bekommen. Im schlimmsten Fall folgt dann noch ein langwieriger Streit mit den Denkmalschutzbehörden.“

Wie oft schulen Sie sich und Ihre Mitarbeitenden zum Thema Nachhaltigkeit und mit welchen Inhalten? 

„Wir kombinieren Nachhaltigkeit mit Teambuilding. Einmal im Monat kommen wir zusammen und hören Vorträge von externen Experten, mit denen wir dann in die Diskussion gehen. Das kann zum Beispiel ein Malermeister sein, der uns über nachhaltige Farben aufklärt. Im Anschluss grillen alle zusammen. Vor allem jüngere Kolleg*innen wünschen sich das und fordern Weiterbildungen im Nachhaltigkeitsbereich auch ein.“

Sie haben sich intensiv mit der Thematik Nachhaltigkeit beschäftigt. Wie ist es bei den anderen Hausverwaltungen und Maklern? Haben viele Kolleg*innen ähnliche Ambitionen?

„Es gibt durchaus Hausverwaltungen, die weiter sind als wir. Nachhaltigkeit ist am Ende des Tages auch eine Frage von Geld und Arbeitskapazität.  Größere Unternehmen haben deutlich mehr Spielraum, vorausgesetzt die Geschäftsleitung hat sich das Thema Nachhaltigkeit auf die Fahne geschrieben. Kleinere Unternehmen haben es da deutlich schwerer. Leider gibt es in unserer Branche meines Erachtens nach keinen wirklichen Leitfaden, weshalb das Thema für viele Marktteilnehmer noch sehr abstrakt ist.“

Wie hat Sie veranlasst, sich genauer mit dem Thema Nachhaltigkeit zu befassen?

„Der Druck ist da. Zum einen auf geschäftlicher Ebene. Wir wollen unser Geschäft noch langfristig durchführen können. Zum anderen sollte sich jeder selbst mit dem Thema auseinandersetzen und seinen Teil dazu beitragen, unsere Erde zu erhalten.“

Wie unterscheidet man als Kund*in eine Hausverwaltung, die wirklich nachhaltig arbeitet von einer, die eher Greenwashing betreibt?

„Durch Transparenz. In der Regel werden Hausverwaltungen von Kunden online gefunden. Es gibt in der Branche kein anerkanntes Gütesiegel für Nachhaltigkeit. Deshalb heißt es, möglichst viele valide Informationen und Einblicke über die eigenen Bestrebungen zu vermitteln. Wer wirkliche Ambitionen in Richtung Nachhaltigkeit hat und dort auch tätig ist, sollte kein Problem haben, dies zu belegen und zu erläutern.“

Wie sehen Sie Ihre Branche in der Zukunft?

„Im Maklerbereich wird es unglücklicherweise kaum große Änderungen geben. Eher auf freiwilliger Basis. Anders ist es bei den Hausverwaltungen. Dort rechnen wir fest damit, dass Kund*innen immer stärker auf den Bereich Nachhaltigkeit blicken und dies auch immer stärker einfordern. Dies halten wir auch für sehr wünschenswert.“