Wir müssen unseren CO2-Fußabdruck bestimmen können
Wir wollen nachhaltiger bauen. Klingt gut. Doch was bedeutet nachhaltiges Bauen eigentlich? Bei derart inflationär verwendeten Begrifflichkeiten ist es nicht verwunderlich, dass es sehr verschiedene Definitionen gibt. Gerade bei Nachhaltigkeit hat beinahe jeder ein anderes Verständnis.
Auch der Begriff ESG setzt sich aus mehreren Aspekten zusammen, wobei meistens allerdings nur auf das ökologische eingegangen wird.
Wie bei diesem Bauprojekt bemühen wir uns, ESG ganz zu denken.
Bedeutet nachhaltig, einfach den Energieverbrauch so weit wie möglich zu optimieren? Oder bedeutet es, alles zu 100 % aus nachhaltigen Rohstoffen zu fertigen? Spielt wirtschaftliche Nachhaltigkeit dabei eine Rolle?
Fabian Grabowski,
Immobilienmanager bei der
PSD Berlin Immobilien KVG GmbH
Wohnen der Zukunft bedeutet, Wohnen ohne fossile Brennstoffe
Wir sind uns unserer sozialen und unternehmerischen Verantwortung bewusst und tun unser Bestes, ihr gerecht zu werden. Dennoch liegt unser größtes Augenmerk auf der Transformation unseres Immobilienportfolios zur Verringerung des CO2-Ausstoßes. Die durch Nutzung fossiler Brennstoffe entstehenden Emissionen gehören zu den Haupttreibern des Klimawandels.
Doch wo beginnen wir? Am besten mit dem Status quo.
Wir wollten herausfinden, wo wir stehen. Wie hoch ist der CO2– Ausstoß unseres Immobilienportfolios? Wo liegen die größten Potenziale, CO2 einzusparen?
Klingt einfach – ist es aber nicht.
Zuerst haben wir die verfügbaren Daten eingesammelt – und das war sehr viel Arbeit.
Das erste große Problem war das Zusammentragen der nötigen Informationen. Als Bank lassen wir unsere Immobilien von verschiedenen Hausverwaltungen betreuen. Die jeweiligen Datensätze der Objekte wurden in der Vergangenheit beim Eigentümerwechsel von Hausverwaltung zu Hausverwaltung übergeben. Zuvor hatten wir als Eigentümer kein großes Interesse am Sammeln und Aufbewahren dieser Daten. Das hat sich geändert.
Drei Herangehensweisen für mehr Transparenz
Um nun endlich unseren CO2-Fußabdruck zu ermitteln haben wir nach dem richtigen Partner gesucht. In vielen Gesprächen wurden uns mehrere Ansätzen vorgeschlagen. Das Feld ist sehr vielfältig und wir haben einige Diskussionen geführt, bevor eine Entscheidung getroffen wurde.
Insbesondere drei unterschiedliche Ansätze wurden an uns herangetragen.
Der technische Weg: Die Stellschrauben am Bewohner
Einer unserer potenziellen Partner setzte voll auf digitale Messungen. Wir sollten neuartige Messgeräte beispielsweise an Heizungen anbringen. Damit hätten wir die Heizkosten der einzelnen Wohnparteien genauestens bestimmten können. Ganz einfach per App. Anhand der Daten hätte sich nach einiger Zeit ergeben, wo wird tätig werden können.
Dieser Weg hätte große Investitionen erfordert. Und das lediglich auf den Verdacht hin, dass der Großteil der Emissionen auf das Mieterverhalten zurückzuführen ist. Eine große Änderung der Energie- bzw. Brennstoffquellen stand nicht im Fokus, sondern die Optimierung des Verbraucherverhaltens.
Diesen Weg sind wir nicht gegangen.
Unser Weg führt weg von der bloßen Verbrauchersteuerung. Der Energie- und Brennstoffbedarf der einzelnen Häuser muss ermittelt werden. Nur so kann ein wirklicher Wandel herbeigeführt werden.
Die Wissenschaft: Eine reine Theorie
Andere sind mit einem gänzlich wissenschaftlichen Ansatz an uns herangetreten. Klimadaten der jeweiligen Gebiete sollten es uns ermöglichen, den Bedarf an Energie und Wärme zu ermitteln. Ein sehr komplexes und intransparentes System aus verschiedenen Datenquellen.
Dieser Ansatz wird allerdings nicht auf spezifische Objekte angewendet, sondern bewegt sich auf einer Metaebene.
Der Bewohner bleibt komplett unberücksichtigt.
Ebenfalls nicht unser Ding.
Der praktische Weg: Der Bedarf der einzelnen Immobilie
Über unser Neubauprojekt in Motzen, einem nachhaltigen Neubau aus Holz, der unter anderem über Geothermie beheizt werden wird, haben wir das Unternehmen ee concept als Energieberater engagiert. Auch sie brachten uns einen Lösungsansatz näher.
Dieser unterscheidet sich grundlegend von den anderen.
Zuerst werden alle relevanten Daten unserer einzelnen Objekte abgefragt. Von Heizanlagen, über Dämmungen bis hin zu Verbraucherdaten wird alles berücksichtigt. Der Stromverbrauch der einzelnen Mieter wird pauschal aus dem Durchschnitt festgesetzt.
Mithilfe der Verbrauchsdaten der letzten drei Jahre, werden für jedes einzelne Objekt, Energiekosten, Emissionen, Einsparpotenziale und mehr ermittelt. Im nächsten Schritt werden konkrete Handlungsempfehlungen zur Transformation unseres Portfolios abgeleitet.
Wir haben einen neuen Partner gefunden.
Das gemeinsame Projekt ist bereits angelaufen. Zuerst erfolgte die Erfassung aller Daten zu unseren Immobilien und deren Ableitung. Durch die Recherche der erforderlichen Daten haben wir noch einmal viel über unsere eigenen Immobilien dazugelernt.
Das Ganze war sehr zeitaufwendig. Die Suche nach einem geeigneten Partner sowie das Sammeln und Übermitteln aller Daten hat ein gesamtes Jahr in Anspruch genommen. Und unser Immobilienportfolio umfasst lediglich 30 Gebäude.
Unser CO2-Fußabdruck
Der CO2-Fußabdruck aller unserer Gebäude liegt im Jahre 2022 bei rund 1.254 Tonnen CO2 pro Jahr. Eine gewaltige Menge.
Doch jetzt wissen wir, welches unserer Objekte am meisten CO2 emittiert und welchen Anteil jede einzelne Immobilie am Gesamtausstoß hat.
Im Projektverlauf haben wir die Erkenntnis gewonnen, dass auch scheinbar ökologische Neubauten große Mengen an CO2 emittieren können. Einige unserer aktuellen und nach bestem Wissen und Gewissen errichteten Neubauten fielen am schwersten ins Gewicht.
Und wir wissen noch mehr.
Wir wissen auch um das Potenzial der Einsparung bei einer Sanierung unseres gesamten Portfolios.
Nach Abschluss würde sich der CO²-Ausstoß um ca. 553 Tonnen auf eine Emission von 681 Tonnen jährlich vermindern.
Auch hier wissen wir, welche Immobilie in welchem Ausmaß dazu beitragen kann.
Und das zeigt uns auch, wofür wir eintreten. Wir haben ein Ziel!
Um nochmals zusammenzufassen, was uns wichtig war:
Wir brauchten konkrete Daten zu unseren individuellen Immobilien. Wir wollten genau wissen, welches Objekt wir zuerst angehen müssen, um Emissionen maximal zu reduzieren, wo die größten CO2-Schleudern liegen und wo die größten Sanierungspotenziale sind.
Uns geht es nicht nur darum, die Energienutzung zu optimieren, sondern darum, sie grundlegend zu verändern. Der wirtschaftliche Aspekt ist ebenfalls sehr relevant. Wir können nicht das Geld unserer Kunden komplett in kostspielige Sanierungen investieren, die sich finanziell nicht, oder erst in sehr langer Zeit auszahlen werden.
Das gewonnene Wissen hilft uns aber dabei, unsere Sanierungsbudget dort einzusetzen, wo Investitionen den größten Einfluss auf den CO2-Ausstoß haben.
Um unsere Immobilien zukunftsfähig abzusichern und dem Klimawandel zu begegnen, müssen wir weg von fossilen Brennstoffen.
In einem weiteren Beitrag schreiben wir über die genauen Zahlen und Fakten, welche wir ermittelt haben und wie uns diese bei der Priorisierung einzelner Sanierungen helfen.
Gemeinsam mit ee concept gehen wir unseren Weg weiter. Als nächstes werden wir konkrete Handlungsempfehlungen zu unseren Objekten ableiten lassen. Es bleibt also spannend.
Was sind eure Erfahrungen mit dem CO2–Fußabdruck eurer Immobilien? Seid ihr ähnliche oder andere Wege gegangen? Wir freuen uns über Feedback!