Ist eine DGNB-Zertifizierung in Leistungsphase 5 sinnvoll?
Wie bereits beschrieben, haben wir uns sehr intensiv mit verschiedenen Nachhaltigkeitszertifikaten auseinandergesetzt. Besonders im Fokus stand das Klassifizierungsmodell der DGNB. Ausschlaggebend war deren ganzheitlicher Ansatz, der neben kreislauffähigen Baustoffen und der Einsparung von CO2, auch unter anderem nachhaltige Prozesse, sowie soziale Faktoren berücksichtigt. Als erstes Projekt haben wir unser Neubauvorhaben in Motzen für eine Zertifizierung vorgesehen.
Viktoria Hagenstedt,
Projektentwicklerin Immobilien
PSD Berlin Immobilien KVG GmbH
Nachhaltigkeitszertifizierung von Anfang an mitdenken
Unser Vorhaben befindet sich momentan in der Leistungsphase 5 (Ausführungsplanung). Damit sich der Mehraufwand im Zuge einer Zertifizierung in Grenzen hält, sollte ein DGNB-Auditoring bereits ab der Leistungsphase 1 mit einbezogen und beauftragt werden. Um eine Vorstellung zu gewinnen, welchen prozentualen Erfüllungssatz eine bereits vorhandene Planung bez. der DGNB-Kriterien und -Nutzungsprofile aufweist, kann ein Pre-Check durchgeführt werden. Diesen haben wir dann auch beauftragt.
Von der Beauftragung bis zum Abschluss des Pre-Checks sind etwa vier Wochen vergangen. Vorteilhaft war die Tatsache, dass unsere Architekten die Planung bereits sehr umfangreich dokumentiert hatten. Die Kosten für den Check beliefen sich auf etwa 15.000 Euro. Im Ergebnis wurde für das Projekt eine mögliche DGNB-Zertifizierung in Gold prognostiziert, was uns sehr gefreut und in unserem Weg bestätigt hat.
Sind die Kosten einer DGNB-Zertifizierung adäquat?
Nach anfänglicher Freude sind wir aus allen Wolken gefallen, als wir das Ergebnis eines Kostenvoranschlags für den komplexen Auditierungsprozess inklusive der Zertifizierung bekommen haben. Diese Mehrleistungen betrugen insgesamt 317.000 Euro.
Zur Veranschaulichung: Das gesamte Bauprojekt liegt brutto bei etwa 10,5 Millionen Euro für 26 Wohneinheiten, eine Tiefgarage und einen großen Außenraum mit Steganlage. Ungefähr 96.500 Euro würden für den Mehraufwand bei Planung und Dokumentation seitens unserer Planer und Fachplaner anfallen, 183.000 Euro für die Auditoren und 25.000 Euro für erforderliche Gutachten sowie 12.500 für das eigentliche Zertifikat. Hätten wir den Zertifizierungsprozess bereits in Leistungsphase 1 begonnen, würden sich die Kosten ggf. verringern.
Was tun wir jetzt?
Unter Abwägung dieser zusätzlichen Mehrkosten, wäre es unter der momentan sehr angespannten Marktlage und den aktuellen Baupreissteigerungen ökonomisch nicht sinnvoll, unser ohnehin nachhaltig geplantes Holzbau-Projekt noch zusätzlich zertifizieren zu lassen. Vor allem, da unser Vorhaben bereits durch das KfW-Förderprogramm unterstützt wird, das zum damaligen Zeitpunkt noch keine Zertifizierung voraussetzte. Bei zukünftigen Projekten mag dies jedoch anders sein.
Wir freuen uns über die durch den Austausch und den Pre-Check gewonnene Expertise und sehen bestätigt, dass wir in Motzen baulich auf dem richtigen Weg sind, was die Nachhaltigkeit des Projektes anbelangt.
Sind Nachhaltigkeitszertifikate also sinnvoll?
Unser Fazit: Eine DGNB-Zertifizierung macht vor allem bei größeren Wohn- oder Gewerbeimmobilien durchaus Sinn. Bei größeren Bauvorhaben stehen die ungefähr gleich hohen Auditoring- und Zertifizierungskosten in einem günstigeren Verhältnis zu den Gesamtkosten und sind daher ökonomisch vertretbar und auch sinnvoll. Wir beobachten seit einiger Zeit, dass auch unsere Mieter immer häufiger Daten über Energieeffizienz und Nachhaltigkeit der Objekte abfragen.
Bei Gewerbeimmobilien sind Mieter oder Käufer mittlerweile selbst stark an nachhaltige ESG-Kriterien gebunden. Im Zuge der EU-Taxonomie benötigen sie für ihr eigenes Unternehmensreporting einen Zertifikatsnachweis des Unternehmensstandorts.
Mit Blick auf die Zukunft stellt sich die Frage, ob künftige Projekte ohne Zertifikat in den nächsten Jahrzehnten überhaupt noch marktfähig sein werden.
Da die Lösung der DGNB für unsere kleineren Objekte nicht realisierbar ist, werden wir als nächstes weitere Klassifizierungssysteme wie beispielsweise NaWoh unter die Lupe nehmen, um herauszufinden, welches das geeignete Zertifikat für kleiner Wohnimmobilien ist.
Wie sind Eure Erfahrungen? Habt Ihr Vorschläge, mit welchen Systemen man Wohnimmobilien am sinnvollsten zertifiziert?
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